Bußgelder aus dem Ausland: Wann werden sie in Deutschland vollstreckt?
Montag, 1. Februar 2021
Urlaubsreisen mit dem Auto sind beliebt. Schließlich bringen sie ein Maximum an Flexibilität mit sich. Allerdings geht mit der Autofahrt auch das Risiko von Strafzetteln einher. Einen Moment nicht aufgepasst und schon droht beispielsweise ein Bußgeld wegen überhöhter Geschwindigkeit. Auch bei Verstößen im Ausland lässt der Bußgeldbescheid meist nicht lange auf sich warten. Wann Bußgelder in der Heimat vollstreckt werden und warum ignorieren keine gute Idee ist, wird in diesem Ratgeber erläutert.
Informatives zu Bußgeldern in der Europäischen Union
Ob im In- oder Ausland: Verstöße gegen Straßenverkehrsregeln haben Folgen und werden im Rahmen der Gesetzgebung geahndet. Innerhalb der EU werden Strafzettel bereits seit über zehn Jahren auch in Deutschland vollstreckt. Dies geht auf das Gesetz zur Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses zur Geldsanktionenvollstreckung zurück, das am 28. Oktober 2010 in Kraft getreten ist. Weil einige Vergehen im europäischen Ausland gegenüber der Bundesrepublik deutlich strenger bestraft werden, ist bei der Reise besondere Vorsicht geboten. Temposünder zahlen in einigen EU-Staaten mehr als das Zehnfache im Vergleich zur Geldbuße auf deutschen Straßen. Die individuelle Höhe potenzieller Bußgelder im Ausland lässt sich hier ermitteln – dem digitalen Ratgeber rundum Bußgeldkataloge.
Allerdings zieht nicht jede kleine Ordnungswidrigkeit, die Touristen auf ihrer Reise begehen, eine Vollstreckung nach sich. Laut des genannten Rahmenbeschlusses werden Bußgeldbescheide erst ab 70 Euro vollstreckt. Weil dieser Betrag sowohl die Geldbuße als auch Verwaltungskosten umfasst, kann auch eine Ordnungswidrigkeit, die weniger als 70 Euro Bußgeld zur Folge hat, eine Vollstreckung auslösen. Ein Strafzettel aus dem EU-Ausland für eine Geschwindigkeitsüberschreitung kann demnach auch dann in Deutschland vollstreckt werden, wenn die Geldbuße zum Beispiel nur 65 Euro beträgt. Schließlich übersteigt die geforderte Zahlung inklusive Verwaltungsgebühren schnell die 70-Euro-Marke.
Gut zu wissen: Österreich nimmt eine Sonderstellung innerhalb der EU ein. Trotz EU-Rahmenbeschluss greift bei Strafzetteln aus Österreich die 70-Euro-Bagatellgrenze nicht. Aufgrund eines individuellen Abkommens, das lange vor dem Rahmenbeschluss bestand, führen Geldbußen bereits ab 25 Euro zur Vollstreckung in Deutschland.
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Die zügige Zahlung kann belohnt werden
Viele EU-Staaten beweisen beim Thema Strafzettel für Ausländer Großzügigkeit. Nicht selten wird sogar die Hälfte des Bußgelds erlassen, wenn Verkehrssünder ihre Strafe schnell bezahlen. Vom Ignorieren der Geldbußen ist generell abzuraten, weil die fällige Zahlung womöglich bei der nächsten Einreise oder Kontrolle geleistet werden muss und zusätzliche Mahngebühren drohen. In vielen EU-Staaten ist die Verjährungsfrist deutlich länger als in Deutschland.
Die allgemeine Vorgehensweise der Behörden:
- Die Zuständigkeit für das Eintreiben von polizeilichen Bußgeldern hat in der Bundesrepublik das Bundesamt für Justiz (BfJ).
- Ausländische Behörden müssen zur Vollstreckung beim BfJ ein Vollstreckungshilfeersuchen stellen. Hierfür wurde inzwischen ein elektronisches Verfahren eingeführt. Mehr dazu in dieser Pressemeldung.
- Die Antragsteller müssen für die Vollstreckungshilfe der deutschen Behörde einige Unterlagen einreichen. Darunter eine Ausfertigung (oder beglaubigte Mehrfertigung) der zu vollstreckenden Entscheidung.
- Zahlt ein deutscher Verkehrsteilnehmer seinen vollstreckbaren Strafzettel nicht, treibt die Justizbeitreibungsstelle des BfJ das Geld ein.
Punkte und Fahrverbote wirken sich in Deutschland nicht aus
Strafen für Verstöße gegen Straßenverkehrsregeln im EU-Ausland wirken sich nur bei Geldbußen aus. Eine Eintragung ins deutsche Fahreignungsregister, das vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg geführt wird, droht Verkehrsteilnehmern nicht. Fahrverbote, die als Konsequenz auf ein Vergehen im Ausland verhängt werden, wirken sich zwar auf den Straßen Deutschlands nicht aus, im entsprechenden Land jedoch schon.
Grundsätzlich sind Fahrverbote nur dort durchsetzbar, wo sie verursacht wurden. Hat ein Autofahrer zum Beispiel ein Fahrverbot wegen Raserei auf Italiens Straßen erhalten, könnte die Strafe beim nächsten Urlaub vollstreckt werden. Vorausgesetzt sie ist noch nicht verjährt. Wer trotz Fahrverbot im jeweiligen Land unterwegs ist, fährt ohne Fahrerlaubnis und muss mit strafrechtlichen sowie versicherungsrechtlichen Folgen rechnen.
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Ausnahmen bestätigen die Regel
Weil beispielsweise die Schweiz und Norwegen kein Mitglied der Europäischen Union sind, greifen die Regelungen zur Geldsanktionenvollstreckung dort nicht. Dementsprechend werden Bußgelder hierzulande nicht vollstreckt.